Grundstück
und Bebauung
Das Grundstück liegt in der westlichen Altstadt; außer dem
zweigeschossigen traufständigen Vorderhaus steht auf dem Grundstück
ein eingeschossiger Hofanbau mit Flachdach. Die Umrisse des auf der
Glashoff-Karte dargestellten Vorderhauses stimmen mit dem heutigen Bestand
überein.
Datierungen
· Dach: 7 Proben, Eiche, davon 1 Probe „um 1523 +14/-6“; 3 Proben, Kiefer, davon 2 Proben „nach 1616“
Kurzbeschreibung
und bauhistorische Wertung
Hinter der verputzten Straßenfassade von sieben Achsen ist das
bisher einzige nachgewiesene Fachwerk-Traufenhaus des 16. Jh. in Wismar
verborgen. Im Rahmen der umfangreichen Modernisierungsarbeiten nach
1990 wurden keine bauhistorischen Untersuchungen durchgeführt,
sodass die Erkenntnisse zur Baugeschichte nur aus dem heutigen Baubestand
und den Akten abgeleitet werden können.
Das
Gebäude zeigt seine ältesten Teile an der Hoffassade: dort
im OG noch das (sehr stark verformte) Fachwerk eines Stockwerksbaus
im gebundenen System mit regelmäßig angeordneten Ständern,
Fußbandreihe und Vorkragungen erhalten, die auf eine Bauzeit im
16. Jh. verweisen. Besonders eindrucksvoll die starke Vorkragung der
Traufe mit Füllhölzern und Saumschwelle (?), die beide mit
Schiffskehlen verziert sind. Füllhölzer zwischen den Deckenbalken
des EG ebenfalls noch teilweise erhalten. Knaggen mit Verzierung aus
abgesetzten Kehlen und Wulsten. Geschlagene römische Abbundzeichen
erkennbar.
Das
Gebäudeinnere für die heutige Hotelnutzung durchgreifend umgestaltet,
auch die Straßenfront (ursprünglich wohl spätes 18.
Jh.?) modernisiert. Im Sturzbereich des Eingangsportals Schlussstein
mit Inschrift „1560“, Zusammenhang mit der Errichtung des
Fachwerkbaus nicht auszuschließen. Dieselbe Jahreszahl findet
sich in einer Inschrifttafel im EG, die auch auf eine Renovierung im
Jahre 1904 verweist. Die östliche Außenwand vermutlich noch
als mittelalterliche Brandmauer anzusprechen (großformatige Ziegel,
mehr als raumhohe Nischen). Einige bemalte Deckenbalkenreste in Zweitverwendung
verbaut.
Besonders
bemerkenswert die „in Wismar bisher einzigartige“ (Bens
1993) Deckenmalerei von 1742 i, die im Zuge der Sanierungsarbeiten in
einem kleinen hofseitigen Raum im EG gefunden, unsachgemäß
ausgebaut und bei der Unteren Denkmalschutzbehörde eingelagert
wurde; sie ist heute wieder im EG eingebaut. Kurzbeschreibung nach Bens
1993: „Kräftige, in Grau und Weiß ausgeführte
Ranken auf hellblauem Grund rahmen eine emblematische Darstellung in
der Mitte der Decke. Diese wird von einem grau-weißen Rahmen eingefaßt,
auf dem die Datierung „Anno 1742 Dezember“ und der Satz
„Gott führt die Seinen wunderlich“ angebracht sind.
Das Mittelfeld zeigt einen geflügelten, nackten blondgelockten
Knaben, der auf einer fliegenden, braun-grauen Gans reitet und mit seinem
rechten Arm gen Himmel und gleichzeitig auf den Sinnspruch des Rahmens
weist. Die Landschaft ist mit einer z.T. abgestorbenen Baumgruppe im
Vordergrund und grünen Hügeln im Mittelgrund gestaltet. Wolkengruppen
beleben im Hintergrund den Himmel.“
Dachkonstruktion
als Kehlbalkendach mit zwei Kehlbalkenlagen, 11 Gebinde, Dachneigung
48 Grad. Dachausbau unterhalb der ersten Kehlbalkenlage. An der Südseite
kleine geschlagene Abbundzeichen, an der Nordseite Fähnchen in
römischer Zählweise. Sparren mit Schwalbenschwanz-Blattsassen.
Eigentümer
und Bewohner im 17. und 18. Jahrhundert
· Christoph Rollin (nur unter Nr. 1181 aufgeführt)
· Hinweis: die folgenden Eintragungen sind für
die Nrn. 1180 und 1181 identisch.
· Cathrin Rolins (Erbe, 1674)
· Oswald Schmidt (Erbe und Kauf, vermutlich vor 1696, nachgetragen)
· dessen Erben (Erbe und Kauf, vermutlich vor 1696, nachgetragen)
· Joachim Schnaderbach (Kauf, vermutlich vor 1696, nachgetragen)
· Schadensregister nach der Pulverturmexplosion 1699:
Schaderbach, Haus, halb zerstört
· dessen Erben (Kauf, vermutlich vor 1696, nachgetragen)
· Anna Margaretha Meinken (Kauf, 1696)
· deren Erben (Erbe, vermutlich vor 1746, nachgetragen)
· Joh. Hartw. Seeland (Kauf, vermutlich vor 1746, nachgetragen)
· H. Major Diedrich Wilhelm v. Wietzendorff (Kauf, 1746)
· H. Geh. Cantzeleyrath Carl von Brehm (Kauf, 1756)
· dessen Erben, in spec. Fräulein Elis. von Bremen (Erbe,
vermutlich vor 1784, nachgetragen)
· Herr Doctor Joh. Friedr. Rudemann (Kauf, vermutlich vor 1784,
nachgetragen)
· Johan Detloff Schultz (Kauf, 1784)
· Gabriel Georg Haack (Kauf, vermutlich vor 1797, nachgetragen)
· dessen Tochter (Erbe, 1797)
· Johan Joachim Dambeck (Kauf, vermutlich vor 1806, nachgetragen)
· Volkszählung 1799, Nr. 1070: Gewürzkrämer
Dambeck mit Frau, 1 Magd, 1 Kind/Dienstbote unter 12 Jahren
· dessen Witwe und Kinder (Erbe, 1806)
Literatur
und Quellen
· Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale
in der DDR. Mecklenburgische Küstenregion. München 1990, S.
152. (dort unter Lübsche Str. 95)
· Michael Both: Untersuchungen zu Baualter und Denkmalwert ausgewählter
Altbauten der Wismarer Altstadt. Diplomarbeit, Hochschule Wismar 2004.
(masch.schr.)
· Akten der Hansestadt Wismar (Bauordnungs- und Denkmalamt, Stadtarchiv).
· Hansestadt Wismar, Bauordnungs- und Denkmalamt,
Christiane Bens: Restaurierung der Barockdecke Lübsche
Str. 37, Wismar 1993. (masch. schr.)
· Dendrochronologisches Gutachten der Universität Hamburg, Fachbereich Biologie, Dipl.-Holzwirt Sigrid Wrobel, Mai 2008.