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Lübsche Str. 37 (Quartier 23)



Straßenansicht



Hofansicht

 

Altes Stadtbuch 1680: Nr. 1181 (Querhaus) und 1180 (Torweg)

Wasserleitungsplan 1710: mit Wasserleitungsanschluss

Glashoff - Karte 1833: Nr. 539


   


Auszug Stadtbildatlas 1993

 

 

Grundstück und Bebauung
Das Grundstück liegt in der westlichen Altstadt; außer dem zweigeschossigen traufständigen Vorderhaus steht auf dem Grundstück ein eingeschossiger Hofanbau mit Flachdach. Die Umrisse des auf der Glashoff-Karte dargestellten Vorderhauses stimmen mit dem heutigen Bestand überein.

Datierungen
·
Dach: 7 Proben, Eiche, davon 1 Probe „um 1523 +14/-6“; 3 Proben, Kiefer, davon 2 Proben „nach 1616“

Kurzbeschreibung und bauhistorische Wertung
Hinter der verputzten Straßenfassade von sieben Achsen ist das bisher einzige nachgewiesene Fachwerk-Traufenhaus des 16. Jh. in Wismar verborgen. Im Rahmen der umfangreichen Modernisierungsarbeiten nach 1990 wurden keine bauhistorischen Untersuchungen durchgeführt, sodass die Erkenntnisse zur Baugeschichte nur aus dem heutigen Baubestand und den Akten abgeleitet werden können.

Das Gebäude zeigt seine ältesten Teile an der Hoffassade: dort im OG noch das (sehr stark verformte) Fachwerk eines Stockwerksbaus im gebundenen System mit regelmäßig angeordneten Ständern, Fußbandreihe und Vorkragungen erhalten, die auf eine Bauzeit im 16. Jh. verweisen. Besonders eindrucksvoll die starke Vorkragung der Traufe mit Füllhölzern und Saumschwelle (?), die beide mit Schiffskehlen verziert sind. Füllhölzer zwischen den Deckenbalken des EG ebenfalls noch teilweise erhalten. Knaggen mit Verzierung aus abgesetzten Kehlen und Wulsten. Geschlagene römische Abbundzeichen erkennbar.

Das Gebäudeinnere für die heutige Hotelnutzung durchgreifend umgestaltet, auch die Straßenfront (ursprünglich wohl spätes 18. Jh.?) modernisiert. Im Sturzbereich des Eingangsportals Schlussstein mit Inschrift „1560“, Zusammenhang mit der Errichtung des Fachwerkbaus nicht auszuschließen. Dieselbe Jahreszahl findet sich in einer Inschrifttafel im EG, die auch auf eine Renovierung im Jahre 1904 verweist. Die östliche Außenwand vermutlich noch als mittelalterliche Brandmauer anzusprechen (großformatige Ziegel, mehr als raumhohe Nischen). Einige bemalte Deckenbalkenreste in Zweitverwendung verbaut.

Besonders bemerkenswert die „in Wismar bisher einzigartige“ (Bens 1993) Deckenmalerei von 1742 i, die im Zuge der Sanierungsarbeiten in einem kleinen hofseitigen Raum im EG gefunden, unsachgemäß ausgebaut und bei der Unteren Denkmalschutzbehörde eingelagert wurde; sie ist heute wieder im EG eingebaut. Kurzbeschreibung nach Bens 1993: „Kräftige, in Grau und Weiß ausgeführte Ranken auf hellblauem Grund rahmen eine emblematische Darstellung in der Mitte der Decke. Diese wird von einem grau-weißen Rahmen eingefaßt, auf dem die Datierung „Anno 1742 Dezember“ und der Satz „Gott führt die Seinen wunderlich“ angebracht sind. Das Mittelfeld zeigt einen geflügelten, nackten blondgelockten Knaben, der auf einer fliegenden, braun-grauen Gans reitet und mit seinem rechten Arm gen Himmel und gleichzeitig auf den Sinnspruch des Rahmens weist. Die Landschaft ist mit einer z.T. abgestorbenen Baumgruppe im Vordergrund und grünen Hügeln im Mittelgrund gestaltet. Wolkengruppen beleben im Hintergrund den Himmel.“

Dachkonstruktion als Kehlbalkendach mit zwei Kehlbalkenlagen, 11 Gebinde, Dachneigung 48 Grad. Dachausbau unterhalb der ersten Kehlbalkenlage. An der Südseite kleine geschlagene Abbundzeichen, an der Nordseite Fähnchen in römischer Zählweise. Sparren mit Schwalbenschwanz-Blattsassen.

Eigentümer und Bewohner im 17. und 18. Jahrhundert
· Christoph Rollin (nur unter Nr. 1181 aufgeführt)
· Hinweis: die folgenden Eintragungen sind für die Nrn. 1180 und 1181 identisch.
· Cathrin Rolins (Erbe, 1674)
· Oswald Schmidt (Erbe und Kauf, vermutlich vor 1696, nachgetragen)
· dessen Erben (Erbe und Kauf, vermutlich vor 1696, nachgetragen)
· Joachim Schnaderbach (Kauf, vermutlich vor 1696, nachgetragen)
· Schadensregister nach der Pulverturmexplosion 1699: Schaderbach, Haus, halb zerstört
· dessen Erben (Kauf, vermutlich vor 1696, nachgetragen)
· Anna Margaretha Meinken (Kauf, 1696)
· deren Erben (Erbe, vermutlich vor 1746, nachgetragen)
· Joh. Hartw. Seeland (Kauf, vermutlich vor 1746, nachgetragen)
· H. Major Diedrich Wilhelm v. Wietzendorff (Kauf, 1746)
· H. Geh. Cantzeleyrath Carl von Brehm (Kauf, 1756)
· dessen Erben, in spec. Fräulein Elis. von Bremen (Erbe, vermutlich vor 1784, nachgetragen)
· Herr Doctor Joh. Friedr. Rudemann (Kauf, vermutlich vor 1784, nachgetragen)
· Johan Detloff Schultz (Kauf, 1784)
· Gabriel Georg Haack (Kauf, vermutlich vor 1797, nachgetragen)
· dessen Tochter (Erbe, 1797)
· Johan Joachim Dambeck (Kauf, vermutlich vor 1806, nachgetragen)
· Volkszählung 1799, Nr. 1070: Gewürzkrämer Dambeck mit Frau, 1 Magd, 1 Kind/Dienstbote unter 12 Jahren
· dessen Witwe und Kinder (Erbe, 1806)

Literatur und Quellen
· Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Mecklenburgische Küstenregion. München 1990, S. 152. (dort unter Lübsche Str. 95)
· Michael Both: Untersuchungen zu Baualter und Denkmalwert ausgewählter Altbauten der Wismarer Altstadt. Diplomarbeit, Hochschule Wismar 2004. (masch.schr.)
· Akten der Hansestadt Wismar (Bauordnungs- und Denkmalamt, Stadtarchiv).
· Hansestadt Wismar, Bauordnungs- und Denkmalamt, Christiane Bens: Restaurierung der Barockdecke Lübsche Str. 37, Wismar 1993. (masch. schr.)
· Dendrochronologisches Gutachten der Universität Hamburg, Fachbereich Biologie, Dipl.-Holzwirt Sigrid Wrobel, Mai 2008.

 

 

 

Auszug Glashoff-Karte 1833

 

Auszug Wasserleitungsplan 1710

 

Deckenmalerei im Saal zur Lübschen Straße

 

Traufdetail der Hoffassade