Grundstück
und Bebauung
Das Grundstück liegt an der Ecke Lübsche Straße/Baustraße.
Die Bebauung besteht heute aus dem zweigeschossigen Doppelgiebel-Vorderhaus
sowie einem zweigeschossigen Kemladen am westlichen Vorderhaus und einem
langgestreckten zweigeschossigen Fachwerkbau am östlichen Vorderhaus
(heute Baustr. 70).
Auf der Glashoff-Karte 1833 zeigen sich Vorderhaus, Kemladen und Fachwerkbau
in übereinstimmenden Umrissen. Einige kleinere Anbauten sind heute
nicht mehr vorhanden.
Datierungen
· Maueranker im Straßengiebel: „1667“
· Dächer: insgesamt 18 Proben, Kiefer, davon 13 Proben „Winter
1665/66“
· Keller: 10 Proben, Eiche, davon 1 Probe „1638“
und 7 Proben „Winter 1762/63“
Kurzbeschreibung
und bauhistorische Wertung
Vorderhaus und Kemladen wurden in den 1990er Jahren durchgreifend instandgesetzt
und modernisiert. Neben den Bestandszeichnungen liegen lediglich zwei
restauratorische Teiluntersuchungen vor, so dass viele Details der Baugeschichte
nicht mehr zu klären sind.
Das
Doppelgiebelhaus von 1667 dürfte als durchgreifender Neubau unter
Einbeziehung von Resten mittelalterlicher Vorgängerbauten (ebenfalls
zwei Giebelhäuser?) entstanden sein. Nachweisbar ist mittelalterliche
Bausubstanz in den Kelleraußenwänden des westlichen Gebäudes.
Innere Raumstruktur und Ausstattung des 17. Jh. sind unklar bzw. nicht
erhalten. Im Rahmen der Bauarbeiten bemalte Barockdecke, vermutlich
17. Jh, im westlichen Kemladen ausgebaut und bei der Unteren Denkmalschutzbehörde
eingelagert (keine Dokumentation o.ä. vorhanden).
Der
Straßengiebel im 19. Jh. neu gestaltet: vereinheitlichende Fassadengestaltung,
bei der das erste Dachgeschoss als Speichergeschoss zu den beiden unteren
Geschossen in die Fassadengliederung hinzugenommen wurde. Die Erdgeschosszone
durch rustizierten Putz betont, im Bereich des Obergeschosses und der
Giebeldreiecke einige Maueranker vorhanden. Die beiden Giebel enden
mit je einem attikaartigen Abschluss. Im Rahmen der Bauarbeiten Befunde
zur früheren Fassadengestaltung dokumentiert: danach im östlichen
Gebäude zwischen EG und OG flache Holzbalkenstürze, darüber
gemauerte Segementbögen, darüber lange Sturzbalken über
2 Achsen mit schräg gestellten Ziegeln, rautenförmig (Bens
2000).
Die
beiden Rückgiebel fachwerksichtig. Die Fachwerkwand des östlichen
Anbaus im OG mit Zierausfachungen.
Beide
Dachwerke als Kehlbalkendächer mit drei Kehlbalkenlagen und einfach
stehendem Stuhl, 15 Gebinde, Dachneigung ca. 56 Grad. Die Firstverbindung
als Scherzapfen mit Holznagel, die Sparren-Kehlbalken-Verbindung als
Schwalbenschwanzblatt mit Holz- und Fugennagel. Die Abbundzeichen geschlagen
bzw. geritzt mit Fähnchen, römische Zählweise.
Eigentümer
und Bewohner im 17. und 18. Jahrhundert
· Hinweis: das Doppelgiebelhaus hat ab 1668 einheitliche Eigentümer.
Vorher ist für das Jahr 1608 im Alten Stadtbuch bereits Christian
Tamke als gemeinsamer Eigentümer vermerkt, danach nur unter Nr.
1229 Johan Swartzkopf (Mitgift, 1653).
· Jochim Gröning (Kauf, 1668, er hat gebaut); offensichtlich
wurde der Kauf erst nach Fertigstellung des Neu- bzw. Umbaus beurkundet.
Jochim Gröning wurde Bürger am 22.7.1665 als Bürgersohn;
· dessen Witwe und Kinder letzter Ehe (Erbe, 1726)
· Berend Kampe jun. (Kauf, 1726)
· Ulrich Hans Kruse (Kauf, 1736)
· dessen Witwe u. Erben (Erbe)
· Andreas Paschen Mau (Kauf, 1763)
· dessen Erben (Erbe, 1789)
· Andreas Friedr. Lubbers (Kauf, vermutlich vor 1791, nachgetragen);
Bürgerbuch: Andreas Friedrich Lübbers, 22.06.1790, als Bürger
ersten Standes und Kaufmann recipirt, nur Wasser- und Eimergeld bezahlt
· Peter Christoph Mau (Kauf, 1791); Bürgerbuch: Peter Christopher
Mau, 15.04.1779, Kaufmann, Bürgersohn
· dessen Witwe und Kinder (Erbe, vermutlich vor 1794, nachgetragen)
· Conrad Bernhard Steincke (Kauf und Transaktion, 1794)
· Volkszählung 1799, Nr. 1018: Kaufmann
Steinecke und Frau, 1 männliches Kind bzw. Dienstbote unter 12
Jahren sowie 1 weibliches, erwachsenes Kind bzw. Hausgenosse über
12 Jahren und 3 weibliche Kinder bzw. Dienstboten unter 12 Jahren.
· Johan Wilhelm Stroht (Kauf, vermutlich vor 1802, nachgetragen);
Bürgerbuch: Johann Wilhelm Stroht, 10.12.1799, Kaufmann, Bürgersohn
Literatur
und Quellen
· Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale
in der DDR. Mecklenburgische Küstenregion. München 1990, S.
154f. (dort unter Lübsche Str. 122)
· Akten der Hansestadt Wismar (Bauordnungs- und Denkmalamt, Stadtarchiv).
· Dendrochronologisches Gutachten der Universität Hamburg,
Fachbereich Biologie,
Dipl.-Holzwirt Sigrid Wrobel,
Juni 2000 und Dezember 2002.
· Stadt und Haus Architekten: Bestandszeichnungen M 1:50 (Grundrisse,
Ansichten, Schnitte), Wismar 1996.
· Hansestadt Wismar, Bauordnungs- und Denkmalamt,
Christiane Bens: Lübsche Str. 72, Nordfassaden. Dokumentation
historischer Baunähte, Wismar 2000.
· Arno Najewitz: Sondierende restauratorische Untersuchung in
ausgewählten Räumen des Wohn- und Speicherhauses Lübsche
Str. 72. Wismar 2000.