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Lübsche Str. 72 (Quartier 32)




Straßenansicht



Hofansicht

Altes Stadtbuch 1680: Nrn. 1229 und 1230 (Häuser)

Wasserleitungsplan 1710: mit Wasserleitungsanschluss im östlichen Giebelhaus

Glashoff-Karte 1833: Nr. 497

   

 

Auszug Stadtbildatlas 1993

 

Grundstück und Bebauung
Das Grundstück liegt an der Ecke Lübsche Straße/Baustraße. Die Bebauung besteht heute aus dem zweigeschossigen Doppelgiebel-Vorderhaus sowie einem zweigeschossigen Kemladen am westlichen Vorderhaus und einem langgestreckten zweigeschossigen Fachwerkbau am östlichen Vorderhaus (heute Baustr. 70).
Auf der Glashoff-Karte 1833 zeigen sich Vorderhaus, Kemladen und Fachwerkbau in übereinstimmenden Umrissen. Einige kleinere Anbauten sind heute nicht mehr vorhanden.

Datierungen
· Maueranker im Straßengiebel: „1667“
· Dächer: insgesamt 18 Proben, Kiefer, davon 13 Proben „Winter 1665/66“
· Keller: 10 Proben, Eiche, davon 1 Probe „1638“ und 7 Proben „Winter 1762/63“

Kurzbeschreibung und bauhistorische Wertung
Vorderhaus und Kemladen wurden in den 1990er Jahren durchgreifend instandgesetzt und modernisiert. Neben den Bestandszeichnungen liegen lediglich zwei restauratorische Teiluntersuchungen vor, so dass viele Details der Baugeschichte nicht mehr zu klären sind.

Das Doppelgiebelhaus von 1667 dürfte als durchgreifender Neubau unter Einbeziehung von Resten mittelalterlicher Vorgängerbauten (ebenfalls zwei Giebelhäuser?) entstanden sein. Nachweisbar ist mittelalterliche Bausubstanz in den Kelleraußenwänden des westlichen Gebäudes. Innere Raumstruktur und Ausstattung des 17. Jh. sind unklar bzw. nicht erhalten. Im Rahmen der Bauarbeiten bemalte Barockdecke, vermutlich 17. Jh, im westlichen Kemladen ausgebaut und bei der Unteren Denkmalschutzbehörde eingelagert (keine Dokumentation o.ä. vorhanden).

Der Straßengiebel im 19. Jh. neu gestaltet: vereinheitlichende Fassadengestaltung, bei der das erste Dachgeschoss als Speichergeschoss zu den beiden unteren Geschossen in die Fassadengliederung hinzugenommen wurde. Die Erdgeschosszone durch rustizierten Putz betont, im Bereich des Obergeschosses und der Giebeldreiecke einige Maueranker vorhanden. Die beiden Giebel enden mit je einem attikaartigen Abschluss. Im Rahmen der Bauarbeiten Befunde zur früheren Fassadengestaltung dokumentiert: danach im östlichen Gebäude zwischen EG und OG flache Holzbalkenstürze, darüber gemauerte Segementbögen, darüber lange Sturzbalken über 2 Achsen mit schräg gestellten Ziegeln, rautenförmig (Bens 2000).

Die beiden Rückgiebel fachwerksichtig. Die Fachwerkwand des östlichen Anbaus im OG mit Zierausfachungen.

Beide Dachwerke als Kehlbalkendächer mit drei Kehlbalkenlagen und einfach stehendem Stuhl, 15 Gebinde, Dachneigung ca. 56 Grad. Die Firstverbindung als Scherzapfen mit Holznagel, die Sparren-Kehlbalken-Verbindung als Schwalbenschwanzblatt mit Holz- und Fugennagel. Die Abbundzeichen geschlagen bzw. geritzt mit Fähnchen, römische Zählweise.

Eigentümer und Bewohner im 17. und 18. Jahrhundert
· Hinweis: das Doppelgiebelhaus hat ab 1668 einheitliche Eigentümer. Vorher ist für das Jahr 1608 im Alten Stadtbuch bereits Christian Tamke als gemeinsamer Eigentümer vermerkt, danach nur unter Nr. 1229 Johan Swartzkopf (Mitgift, 1653).
· Jochim Gröning (Kauf, 1668, er hat gebaut); offensichtlich wurde der Kauf erst nach Fertigstellung des Neu- bzw. Umbaus beurkundet. Jochim Gröning wurde Bürger am 22.7.1665 als Bürgersohn;
· dessen Witwe und Kinder letzter Ehe (Erbe, 1726)
· Berend Kampe jun. (Kauf, 1726)
· Ulrich Hans Kruse (Kauf, 1736)
· dessen Witwe u. Erben (Erbe)
· Andreas Paschen Mau (Kauf, 1763)
· dessen Erben (Erbe, 1789)
· Andreas Friedr. Lubbers (Kauf, vermutlich vor 1791, nachgetragen); Bürgerbuch: Andreas Friedrich Lübbers, 22.06.1790, als Bürger ersten Standes und Kaufmann recipirt, nur Wasser- und Eimergeld bezahlt
· Peter Christoph Mau (Kauf, 1791); Bürgerbuch: Peter Christopher Mau, 15.04.1779, Kaufmann, Bürgersohn
· dessen Witwe und Kinder (Erbe, vermutlich vor 1794, nachgetragen)
· Conrad Bernhard Steincke (Kauf und Transaktion, 1794)
· Volkszählung 1799, Nr. 1018: Kaufmann Steinecke und Frau, 1 männliches Kind bzw. Dienstbote unter 12 Jahren sowie 1 weibliches, erwachsenes Kind bzw. Hausgenosse über 12 Jahren und 3 weibliche Kinder bzw. Dienstboten unter 12 Jahren.
· Johan Wilhelm Stroht (Kauf, vermutlich vor 1802, nachgetragen); Bürgerbuch: Johann Wilhelm Stroht, 10.12.1799, Kaufmann, Bürgersohn

Literatur und Quellen
· Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Mecklenburgische Küstenregion. München 1990, S. 154f. (dort unter Lübsche Str. 122)
· Akten der Hansestadt Wismar (Bauordnungs- und Denkmalamt, Stadtarchiv).
· Dendrochronologisches Gutachten der Universität Hamburg, Fachbereich Biologie, Dipl.-Holzwirt Sigrid Wrobel, Juni 2000 und Dezember 2002.
· Stadt und Haus Architekten: Bestandszeichnungen M 1:50 (Grundrisse, Ansichten, Schnitte), Wismar 1996.
· Hansestadt Wismar, Bauordnungs- und Denkmalamt, Christiane Bens: Lübsche Str. 72, Nordfassaden. Dokumentation historischer Baunähte, Wismar 2000.
· Arno Najewitz: Sondierende restauratorische Untersuchung in ausgewählten Räumen des Wohn- und Speicherhauses Lübsche Str. 72. Wismar 2000.

 

Auszug Glashoff-Karte 1833

 

Auszug Wasserleitungsplan 1710

 

Detail Mauerwerksanker