Arbeitsprogramm
 
 

Die in großer Zahl erhaltenen Bauten aus dem 17. Jahrhundert wurden hinsichtlich ihrer Konstruktionsweisen, der Gestaltung der Fassaden und ihrer inneren Raumstrukturen (soweit zugänglich) mit älteren Wismarer Bauten verglichen. Insbesondere wurde der Frage nachgegangen, inwieweit der aus dem 13. bis 16. Jahrhundert tradierte Haustyp des giebelständigen Dielenhauses auch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts noch gebaut worden ist. Weiterhin wurde untersucht, ob der bisher für das 16. und frühe 17. Jahrhundert belegte Bautyp des Hofflügels (Kemladen) weiterhin nachzuweisen ist und in welchem Umfang neue Hausformen (Doppelgiebelhaus, Traufenhaus) in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Wismar Verbreitung fanden. Besondere Beachtung wurde der Gestaltung der Gebäudefassaden (Farbgebung und Oberflächenbehandlung) sowie der Materialwahl (Backstein/Fachwerk) gewidmet. Eine wesentliche interdisziplinäre Ergänzung und Erweiterung der bauhistorischen Recherchen in der Altstadt stellte die Auswertung schriftlicher Quellen dar, mit deren Hilfe die Bauherren, Eigentümer und (soweit möglich) die Bewohner der untersuchten Häuser sowie Informationen zu ihrer wirtschaftlichen und sozialen Stellung (Berufe, Steuerleistungen etc.) in der Stadt ermittelt werden sollten. Neben dem sogenannten „Alten Stadtbuch“ von 1680, in dem die Eigentümer der einzelnen Grundstücke verzeichnet sind, wurden in erster Linie Steuerlisten, Bürgerlisten, Unterlagen der Ämter usw. ausgewertet. Im Zusammenhang mit diesen Fragen war weiterhin zu klären, welchen Anteil an der Bautätigkeit (neben dem notwendigen Wiederaufbau nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges) wirtschaftliche Prosperität und staatliche Förderung hatten. Die gewonnenen Erkenntnisse aus Bauuntersuchungen und Archivalien wurden in sogenannten „Hausbiographien“ miteinander verflochten. Sämtliche Informationen zu Häusern, deren älteste prägende Bausubstanz aus dem 17. Jahrhundert stammt (Beschreibungen, Zeichnungen, historische und aktuelle Fotos, Angaben aus den schriftlichen Quellen), wurden in einer Datenbank erfasst, die in das geplante Informationssystem eingebunden wurde. Für ausgewählte Gebäude wurden digitale Visualierungen angestrebt, um ältere Bauzustände veranschaulichen zu können.

Über die Auswertung schriftlicher Quellen zur Klärung der o.g. Fragen hinaus sollte weiterhin versucht werden, Baustruktur und Gebäudenutzung des gesamten Stadtbereiches zu erfassen, zu kartieren und zu analysieren (Gebäudetypologie). Ein Vergleich der Bebauungsmuster mit der Parzellenstruktur wurde angestrebt, soweit sich diese für das 17. Jahrhundert rekonstruieren ließen. Die Kartengrundlage für diese Fragestellungen bildete die sogenannte „Glashoff-Karte“ aus dem Jahre 1833, die erstmals ein zuverlässiges Bild der innerstädtischen Bebauungsstruktur wiedergibt. Angaben zur Art der Bebauung (zumindest der Blockrandbereiche) im Jahre 1680 konnten dem „Alten Stadtbuch“ entnommen werden; eine Kartierung dieser Angaben auf der Grundlage der Karte von 1833 war in großen Bereichen möglich, da die Veränderungen der Parzellenstruktur zwischen 1680 und 1833 vermutlich nur gering waren.

     
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